Lilli ist das, was viele von uns einen klassischen Spätentwickler nennen. Wobei sie sich bemüht, die Zeit aufzuholen, doch es gibt auch Rückschläge oder wie es ihrem Falle richtiger und wörtlich zu nehmen wäre, Rückfälle.
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Als Lilli mit zwölf Wochen bei uns einzog, mochte sie nur zwei Dinge: (Fr)Essen und schlafen. Verständlich, denn die kleine rote Terror-Katze schlug permanent auf sie ein.
Hinzu kamen diese komischen Menschen, die sie immer streicheln wollten. Das konnte Lilli so gar nicht ab. Getreu dem Motto: „Gucken, aber nicht anfassen!“
Seitdem hat sich so einiges zum Guten gewendet. Lilli hat ein derartiges Vertrauen aufgebaut, dass sie ihre täglichen Streicheleinheiten regelrecht einfordert und mir sogar, sollte es nötig sein, Tabletten ohne zu murren aus der Hand frisst. Nur bei einer Sache ist sie manchmal noch wie mit zwölf Wochen.
Ein Aufstieg kann ein Abstieg sein
Es gibt Tage, an denen hat Lilli den Dreh raus und sie ist beim Springen nur noch an dem Schweif, den sie in der Luft, ähnlich wie Kondensstreifen, hinterlässt zu erkennen. Sie scheint schneller als der Schall und lediglich die Geräuschkulisse verrät ihre Anwesenheit. Doch sie kann eben auch ganz anders: Wisst ihr wie es sich anhört, wenn ein acht Kilo schwerer Sack Reis unvermittelt auf dem Boden aufsprallt?
Gut, Lilli wiegt nur vier Kilo, doch wenn sie sich in ihrem ganz persönlichen Raum-Zeit-Kontinuum so richtig schwer macht, verdoppelt sich ihr Gewicht während dem freien Fall um ein Vielfaches. Zumindest was die Aufpralllautstärke betrifft.
Schildkröte mit Alterskrankheiten
In diesem Moment erinnert sie dann eher an eine Schildkröte mit vier verletzen Beinen und einem wesentlich zu schweren Panzer, inklusive Asthma, Rheuma und anderen, altersbedingten, Krankheiten. In stark verzögerter Zeitlupe schleppt sie sich, wie ein Bergsteiger der erst die Haken in den Stein schlagen muss, den Kratzstamm hoch. Ab und an verlassen sie dabei ihre Kräfte und es wird in der Luft am Stamm hängend herzzerreißend gemaunzt.
Ein paar Minuten später steht mindestens ein erwachsener Mensch an gleicher Stelle, an der Katze hängt, zuppelt diese vorsichtig vom Kratzstamm und versucht ganz leise und ohne plötzlich in lautem Lachen auszubrechen „ist nicht schlimm, passiert, du bist toll“ zu murmeln.
Während Lilli ihre Kräfte am Napf stärkt, lache ich dann doch noch irgendwo heimlich über ihre Zeitlupenkünste.
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